Stress hat jeder. Seit Jahren wird nach den Ursachen geforscht, es fehlen trotzdem richtig überzeugende Ergebnisse. Ohne genau den Anfang bestimmen zu können, merken wir, wie uns eine innere Unruhe, Anspannung befällt, die manchmal schleichend manchmal blitzartig ansteigt. Alles kann Stress auslösen: Partnerschaft, Familie, Freunde, Beruf, Sport, Essen, Denken, Telefonieren, Behörden, Autoverkehr und vieles mehr. Sogar Urlaub ist durchaus stressig, wenn wir ihn verkehrt angehen. Genau genommen ist das Leben selbst zumindest zu einem Teil reiner Stress.
Gibt es denn eine Gemeinsamkeit bei all den verschiedenen Stressmomenten? Wenn man ein wenig drüber nachdenkt, ist die Antwort leicht: die Zeit! Sie gibt Ziele, Deadlines, Plänen und Projekten ein konkretes und oftmals drohendes Ende. Irgendetwas muss erledigt, geklärt, gebaut, besprochen, entworfen oder überwunden werden; wir merken, dass unsere Kräfte möglicherweise nicht ausreichen, zumindest nicht im vorgegebenen Zeitrahmen, können aber auch nicht einfach hinschmeißen. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß steigender Druck und am Ende mörderischer Stress. Unser Feind ist nun die Uhr, denn sie tickt unerbittlich die Sekunden bis zum Moment unseres Scheiterns hinunter. Wir verkrampfen, was alles noch schwieriger macht und versagen am Ende fast zwangsläufig.
Die Uhr ist das Synonym der Zeit, gäbe es sie nicht, hätten wir auch keinen Stress. Anders gesagt, ohne Zeitmessung hätten wir viele Probleme gar nicht.
Man kann das sehr einfach selbst probieren. Erster Schritt: alle Uhren abhängen, ablegen, wegschließen. Fernsehen und Radio ausschalten, Terminplaner zuklappen, alles was die Zeit rastert, aus dem Sichtfeld verbannen. Nach einer Weile, in der wir vielleicht noch darüber nachdenken, wie spät es wohl gerade ist, wird die gemessene Zeit immer unwichtiger und die gefühlte Zeit gewinnt an Bedeutung. Die gefühlte Zeit ist unsere Zeit. Sie gehört uns und ist genauso individuell, wie unser Fingerabdruck. Jeder Mensch fühlt einen anderen Rhythmus und sich nur wohl, wenn er danach leben kann. Dabei kommt es gar nicht darauf an, ob wir gerade relaxen oder voll in Action sind. Die Basis unseres Seins, ist unser eigener Rhythmus, unsere innere Uhr.
Darum fühlen wir auch jedesmal Stress, wenn wir aus diesem Rhythmus heraus müssen. Und je mehr wir das müssen, umso schlimmer wird er. Es gibt leider viele Menschen, die glauben, ihr Rhythmus sei der einzig richtige und wollen alle anderen ‚bekehren'. Was ersten sinnlos und deshalb zweitens ziemlich idiotisch ist. Am leistungsfähigsten sind wir alle, wenn wir das, was wir tun (müssen), in unserem eigenen Takt tun (dürfen). Wenn man uns also zu einem falschen, ungesunden Rhythmus zwingen will, sollten wir also durchaus Widerstand leisten. Letztlich kommt das allen zugute, denn ausgeglichene Menschen führen keine Kriege, streiten nicht und sind offen für kreative Gedanken. Und genau das wollen wir schließlich alle, oder?
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