Dienstag, 14. April 2009

Ist Internet-Demokratie die bessere Demokratie?

Ein paar Gedanken zur Politik von Peter-Wolfgang Fischer

Schaut man sich den politischen Entwicklungsprozess der Menschheit an, fällt auf, dass über die Jahrhunderte die Entscheidungsmacht von einzelnen, gottgleichen Herrschern (Theokratie, Monarchie) auf immer mehr Verantwortliche (Aristokratie, Oligarchie) und schließlich auf das gesamte Volk (Demokratie, Volksherrschaft) überging. Diese Umverteilung erfolgte selten unblutig und nie freiwillig, gleichwohl mit einer erstaunlichen Zwangsläufigkeit. Offenbar schätzen alle Menschen ihre persönliche Freiheit als höchstes Gut und jede Einschränkung aus menschengemachten Gründen, ob religiös, wirtschaftlich oder abstammungbedingt führen früher oder später zu einer Befreiungs(re)aktion, wie die Geschichte zur Genüge beweist.

Wir sind also aufgrund dieser Mechanismen mittlerweile in vielen Ländern der Erde bei der Demokratie angekommen, besser: der repräsentativen Volksherrschaft. Scheinbar ist damit auch das Ende der politischen Entwicklung erreicht, schließlich kann man das Volk, den Einzelnen, und damit die politische Macht nicht mehr weiter aufteilen.

Grundsätzlich ist die vollkommene persönliche Freiheit auch in der Demokratie noch nicht erreicht. Denn solange es Herrschaft gibt, gibt es auch Herrschende und Beherrschte mit allen daraus resultierenden Folgen. Nur in einem komplett herrschaftslosen System könnte man von einer Idealverteilung der Macht sprechen, da nun jeder einzig und allein für seine persönliche Freiheit und damit auch sein Handeln verantwortlich ist. Schon seit der Antike denken Philosophen über das Für und Wider einer solchen Anarchie nach und kommen bis heute zum Schluss, dass der Mensch wohl noch nicht reif dafür ist. Der Gegenbeweis wäre anzutreten.

Vorläufig aber haben wir nun die repräsentative Demokratie, in der das Volk wenigstens die Macht heben soll, wichtige Entscheidungen für die Gemeinschaft zu treffen, wann immer dies erforderlich ist. Tatsächlich wählt es in regelmäßigen Abständen einige wenige Vertreter, eben Repräsentanten, die dann jeweils im Parlament entscheiden, was zu tun ist. Bis zur nächsten Wahl (zumeist in 4-5 Jahren) bleibt der Wählende ohne Stimme und Einfluss, kann also nur noch aus der Ferne beobachten, ob die Repräsentanten ihn auch wirklich vertreten.

Es gab bei seiner Einführung zu Beginn des 19 Jahrhunderts gut nachvollziehbare Gründe für dieses Wahlsystem. Würde man für jede zu treffende Entscheidung jedesmal einen neuen Wahlkampf mit Wahllokalen, Stimmzetteln, Auszählungen und der gesamten nötigen Logistik beginnen, wären alle nur noch damit beschäftigt, wichtige Handlungsschritte würden blockiert oder gar nicht erst unternommen.


 

Obwohl die Väter dieser Regierungsform die Nachteile kannten, nahmen sie die dennoch in Kauf, weil es bessere Systeme eben nicht gab. Und tatsächlich weist die repräsentative Demokratie eine positive Bilanz aus. Was soziale und wirtschaftliche Sicherheit betrifft, schlägt sie deutlich alle anderen Herrschaftsformen. Die Menschen nehmen diese Vorteile gern mit, was maßgeblich zur Verbreitung der Demokratie beigetragen hat und immer noch beiträgt.

Mit den Jahren treten aber auch zunehmend die Nachteile hervor. Einer davon ist das handelnde Personal. Das System hat einen völlig neuen Menschentyp geschaffen, den Berufs-Politiker. Wie bei jedem anderen Menschen, ist sein Hauptinteresse verständlicherweise, den Job zu behalten, der ihn ernährt. Er verhält sich dabei, wie jeder andere Arbeitnehmer auch: möglichst wenig anecken und mit allen Mitteln dafür sorgen, dass der Vertrag – oder besser, der Listenplatz – verlängert wird. Im besten Fall wird er dabei bloß ein wenig opportunistisch handeln, im schlechteren ist er offen für Bestechung und Postenschieberei bis hin zum Betrug. Im Zweifel wird er aber immer zuerst sich selbst und dann seine Wähler vertreten.

Ein zweites, schwerwiegendes Manko der repräsentativen Demokratie ist ihre Schwerfälligkeit. Es geht ohnehin schon viel Energie allein durch die Absicherung der parlamentarischen Machtverhältnisse verloren, erst recht, wenn Wahlen anstehen. Noch mehr versickert aber durch interne Parteipolitik, Lobbyarbeit und nebenberufliche Tätigkeiten. Das führt immer mehr dazu, dass die Parlamente nur noch reaktiv handeln, statt, wie ursprünglich gedacht, zu planen und zu führen. Die Angst, sich beim Wähler unbeliebt zu machen, lähmt zunehmend die Legislative und führt, wenn überhaupt, zu einer Politik der Mikro-Schritte mit der Option, auch diese bei Bedarf sofort wieder zu kassieren.

Andere ältere Herrschaftssysteme haben sicher schwere Konstruktionsmängel, aber in Hinblick auf die Entscheidungsfreude sind sie der repräsentativen Demokratie überlegen.

Der Wähler, dessen Stimme sich in der Hand einiger weniger Vertreter befindet, stellt immer häufiger fest, dass sich viel weniger bewegt als erwartet oder schlimmer noch, die Versprechen seiner Repräsentanten sich ins Gegenteil verkehren. Dass seine Stimme nicht nur nicht zählt, sondern womöglich sogar der Gegenseite zugerechnet wird. Er stellt zudem fest, dass er wenig bis gar keine Möglichkeiten hat, daran etwas zu ändern, denn verabredungsgemäß hat er für eine ganze Wahlperiode auf seinen persönlichen, direkten Einfluss verzichtet.

Gleichzeitig fällt es dem Wähler von Wahl zu Wahl immer schwerer sich überhaupt noch für einen Vertreter zu entscheiden, weil sie sich immer ähnlicher werden. Was kein Wunder ist, sondern zwangsläufig in Systemen passieren muss, wo die Mehrheit regiert. Die befindet sich nämlich rein rechnerisch – Gauß sei Dank – immer in der Mitte einer Gruppe, in diesem Fall des ganzen Volkes und bildet dort einen Glockenkörper. Wer also viele Stimmen bekommen will, muss möglichst viel von dem versprechen, was sich die Leute im Glockenberg wünschen. Da das aber letztlich für alle politischen Gruppierungen gilt, gleichen sich Programme und Personen immer mehr an, bis sie nicht mehr zu unterscheiden sind. Womit sich demokratische Wahlfreiheit de facto erledigt hat.

Jetzt könnte man einwenden, dass diese Entwicklung zwar langweilig aber dennoch sinnvoll ist, da man wohl voraussetzen kann, dass die Entscheidungen aller politischen Parteien auf diese Weise dem Wunsch der breiten Masse und damit dem demokratischen Grundgedanken entsprechen. Dabei wird aber übersehen, dass Gesellschaften dynamische Systeme sind, die ständig Veränderungen unterworfen sind. Diese Veränderungen erfolgen immer schneller und radikaler. Vieles, was vor einem Jahr noch gegolten hat, ist inzwischen obsolet. Die Halbwertzeit getroffener Entscheidungen, beschlossener Gesetze, wird immer kürzer. Darauf aber können die verantwortlichen Berufspolitiker in der Regel kaum reagieren. Erstens sind sie dem Programm verpflichtet, mit dem sie zur Wahl angetreten sind, auch wenn es inzwischen von der Wirklichkeit überholt sein sollte und zweitens fehlt ihnen der Zugang zum Alltag der Menschen und deren Sorgen, weil sie beruflich mit anderen Dingen beschäftigt sind, so dass ihnen entscheidende Signale entgehen.

Diese Entwicklung führt zu absurden und gleichzeitig beunruhigenden Ergebnissen. Immer häufiger liegt bei Kommunal- oder Landtagswahlen die Wahlbeteiligung unter 50%. Immer häufiger schaffen es dabei radikale Gruppierungen in die Parlamente zu kommen. Die Botschaft ist klar: der Durchschnittswähler glaubt nicht mehr an das System! Zu oft hat er erlebt, dass seine Vertreter Interessen ignoriert, Versprechen gebrochen und ihm immer neue Lasten aufgebürdet haben. Er hat gelernt, dass es keinen Unterschied macht, wem er seine Stimme gibt, da das Ergebnis in jedem Fall nicht das sein wird, was er gewählt hat.

Schließlich entscheidet er sich zum logischen Schritt: er verweigert seine Stimme. Dass er damit die Kreuze der aktiven Urnengänger aufwertet, ist einer der fatalen Konstruktionsfehler der repräsentativen Demokratie. So kann es passieren, dass eine Partei mit einem Mehrheitsergebnis von 30% aller abgegebenen Stimmen für vier Jahre die Geschicke einer ganzen Region bestimmen kann, obwohl sie rein rechnerisch dabei gerade mal 15% der Menschen per Stimmzettel hinter sich hat. Viel schlechter sah es da zu Zeiten der Aristokratie auch nicht aus.

Kein Wunder, dass ab und zu Stimmen laut werden, eine allgemeine Wahlpflicht einzuführen, entsprechend der Wehr- und Schulpflicht. Länder wie Griechenland, Belgien, Australien oder Kongo verwenden dieses Instrument, um die Legitimierung der Wahlen nicht zu gefährden. Andererseits – ist Wahlpflicht demokratisch? Wenn man sich nur zwischen Pest oder Cholera entscheiden kann, ist das überhaupt eine Wahl? Ist da nicht Stimmverweigerung der wesentlich demokratischere Ansatz und die einzige Möglichkeit zu zeigen, dass ich weder das eine noch das andere will.

Tatsache ist jedenfalls, die Partei der Nichtwähler wird immer größer. Viele Politiker entdecken als Ursache in den letzten Jahren eine allgemeine Wahlmüdigkeit. Es gibt ihnen zufolge einfach viel zu viele Wahlen in zu kurzer Abfolge, als das die Leute noch wirklich Interesse haben könnten. Mag sein, doch wie kommt es dann, dass Millionen von Menschen offenbar nicht zu müde sind, ihren Superstar, das Tor des Monats, den besten iTunes-Song oder den nächsten Kandidaten für Big Brother zu wählen. Und das fast täglich und sogar auf eigene Kosten? Es gibt kaum eine Web-Community die nicht irgendein voting am Start hat, kaum ein social network ohne tägliche Stimmabgaben. Statt müde zu werden, nehmen immer mehr User eifrig dran teil.

Aber hier handelt es sich um bloßes Entertainment, Freizeitspaß ohne größere Bedeutung – mit Politik überhaupt nicht zu vergleichen. Das wird gern entgegen gehalten, sobald derartige Argumente auftauchen. Bei einer politischen Wahl trifft man lebenswichtige und langfristige Entscheidungen, die alle Bereiche des täglichen Seins betreffen, was bei DSDS wohl kaum der Fall ist (sieht man mal von den Kandidaten selbst ab).

Wenn es tatsächlich stimmt, dass politische Wahlen derart tiefgreifende Bedeutung haben, dann sollte man sich ernsthaft Gedanken über die repräsentative Demokratie machen. Was bedeutet es dann, wenn bei der letzten Bundestagswahl in Deutschland die stärkste Partei gar nicht im Bundestag vertreten war, nämlich die Partei der Nichtwähler. Wie sieht es mit der Legitimation der Regierenden aus, wenn ein Viertel der Bevölkerung ihnen das Stimmkreuz verweigert? Kann man sich ohne deren Stimme noch mit Fug und Recht als Vertreter des Volkes begreifen?

Wenn aber allgemeine Wahlpflicht nicht wirklich demokratisch ist und wir für Anarchie noch nicht reif sind, was könnte dann der Ausweg aus dieser unglücklichen Spirale sein?

Rekapitulieren wir: der Berufspolitiker ist anfällig für egoistische Entscheidungen, das Parlament ist zu sehr mit sich und seiner Machtkonstellation beschäftigt, Entscheidungen werden mit Blick auf Wiederwahl populistisch getroffen, die politischen Werkzeuge sind zu träge um mit der realen Entwicklung Schritt zu halten, langfristige Planungen oder gar Visionen bleiben auf der Strecke. Dies alles, weil zur Gründerzeit der repräsentativen Demokratie weder Mittel noch Wege zur Verfügung standen, das Volk jedesmal zu befragen, sobald wichtige Entscheidungen anstanden.

Und heute? Heute kann man an fast jedem Punkt der Welt aktuelle Börsenkurse in Echtzeit abrufen, Flüge buchen, Medikamente kaufen, einen Partner finden, der sich auf der anderen Erdhalbkugel befindet, man kann sich mit fast allem versorgen ohne auch nur einen Schritt vor die Tür zu setzen. Viele Menschen treffen problemlos und immer wieder durchaus lebenswichtige und tiefgreifende Entscheidungen mit einem Mausklick im Internet. Wie würden sie wohl klicken, wenn sie gefragt werden, ob sie die Abwrackprämie verlängern oder die Hypo-Real-Estate bankrott gehen lassen wollen? Wahrscheinlich teilweise spontan aus dem Bauch, nach Gefühl, oder kühl überlegt, nachdem man sich ausführlich informiert hat – das Internet bietet alle Möglichkeiten dazu. Wie auch immer, die Menschen würden sich genauso entscheiden, wie sie es auch bei der Wahl (oder Nichtwahl) ihrer Partei gemacht haben.

Wir haben den biometrischen Ausweis mit digitalen Fingerabdrücken, wir zahlen bargeldlos und hinterlassen eine leuchtende Spur unserer Interessen und Vorlieben dabei, wir können unsere Position auf diesem Globus bis auf wenige Meter genau dank GPS bestimmen, die Zentren der großen Städte sind lückenlos kameraüberwacht, mit sieben Merkmalen kann Interpol fast jeden Verdächtigen per Rasterfahndung lokalisieren – die Welt ist digital vernetzt und wir sind es damit auch. Nur wählen tun wir nach wie vor per Stimmzettel in der Wahlkabine einmal alle vier Jahre. Während wir hundert Emails pro Tag versenden, Telefongespräche rund um den Erdball führen, uns in Blogs veröffentlichen und live zusehen, wie in Bogota Polizisten ein Drogenversteck ausheben bleiben wir für diese vier Jahre von der politischen Willensbildung ausgeschlossen, als wäre der Bundestag auf einem Lichtjahre entfernten Planeten.

Nein, die Wähler sind nicht müde sondern verdrossen. Die Systeme passen nicht mehr zu einander, sie sind asynchron und das schon eine ganze Weile. Bewusst oder unbewusst spüren wir, dass es Zeit ist, die politischen Werkzeuge den heutigen Möglichkeiten anzupassen. Genauso hilflos, wie ein Automechaniker (er heißt nicht ohne Grund heute Mechatroniker), mit Schraubenzieher und Schraubschlüssel vor der Motorhaube eines modernen 7er BMWS steht, steht die parlamentarische Politik vor dem globalen Weltmotor. Wir brauchen den Politroniker, der digital vernetzt aktuelle Stimmungen analysiert, bündelt und sein Votum entsprechend anpasst. Adäquat zum Mechatroniker, der per Computer in Motor und Elektronik des Autos hineinhorcht, bevor er die notwendigen Schritte unternimmt, sollte der Politroniker in seine Wähler hineinhorchen um eine sichere Diagnose stellen zu können.

Statt vier Jahre auf die nächste Chance zum Kurswechsel zu warten, sollte jeder mündige Bürger jeden Tag die Chance haben, seine eigene Entscheidung zu wichtigen politischen Themen zu treffen. Ganz bequem, im Internet, per Mausklick. Mag sein, dass darunter Entscheidungen zu Themen anstehen, mit denen sich der Klickende überhaupt nicht auskennt, dann macht er seinen Klick eben nach Gefühl. Es ist eine schlichte Tatsache, dass jeder von uns wenige Themen kennt, in denen er Experte ist und weitaus mehr solche, von denen er keine blasse Ahnung hat. Das trifft auch auf unsere heutigen Parlamentarier zu. Dennoch müssen sie jeden Tag ihre Hand für oder gegen ein Gesetz heben. Es gibt also kaum begründete Sorge, dass die ‚Laien' vor dem Computer dramatisch anders entscheiden würden. Im Gegenteil, weil bei der Internet-Abstimmung zumindest die Lobbyisten und der Fraktionszwang wegfallen, dafür aber tagesaktuelle Erkenntnisse und neueste Zahlen einfließen können, dürften die Ergebnisse wesentlich besser den aktuellen Stand der Diskussion widerspiegeln. Denken wir an dieser Stelle einmal daran, was die Wurzel des Wortes Politik ist, nämlich das griechische polis, die Gemeinschaft. Politik ist also das Entscheiden und Handeln einer Gemeinschaft.

Interessanterweise wird als Hauptargument gegen die Internet-Demokratie immer wieder die Unkontrollierbarkeit und Emotionalität der so ermittelten Volkswillen angeführt. Was, wenn gerade ein Kind von einem Päderasten ermordet wurde und man würde über die Wiedereinführung der Todesstrafe abstimmen lassen? Würden sich dann nicht die meisten Menschen zum Lynchmob sammeln und alle Kinderschänder hängen? Abgesehen davon, dass man bei Entscheidungen dieser Art durchaus ein mehrstufiges Verfahren einplanen könnte, schließlich geht es hier wirklich um Tod und Leben, kann man gut an Amerika sehen, das so etwas nicht zu befürchten ist. In sämtlichen Staaten, in denen die Todesstrafe bisher abgeschafft wurde, haben selbst die furchtbarsten Massaker nicht zur Wiedereinführung geführt, obwohl oder gerade weil dazu eine Volksabstimmung durchgeführt wurde.

Überhaupt zeigt sich, dass in Ländern, in denen regelmäßig Volksabstimmungen durchgeführt werden (z.B. Österreich, Schweiz, Italien, USA) die Ergebnisse durchweg moderat und sachlich waren. Selbst bei sehr emotionalen Themen. Der Grund liegt hier in dem statistischen Umstand, dass selbst die Gaußsche Mitte immer noch sehr heterogen ist, wenn es um konkrete Lebensfragen geht. Was wir jederzeit an uns selbst überprüfen können: wie oft sind wir genau der gleichen Meinung unserer Freunde, oder nur zum Teil, oder sogar absolut konträr? Wie viel mehr gilt das dann wohl für Menschen, die nicht zu unserem Bekanntenkreis zählen.

Zugegeben, es sind wichtige Fragen zu klären, um den Wechsel zu einer Internet-Demokratie möglich zu machen. Zuvorderst die Sicherheit. Wie kann man Manipulation und Missbrauch verhindern, wie die Identität gewährleisten? Dann das grundsätzliche Verfahren; bedeutet eine Mehrheit sofort ein gültiges Gesetz, oder gibt es zunächst qualifizierende Verfahren, je nach Bedeutung der Entscheidung? Wer stellt überhaupt die Entscheidungen zur Diskussion? Wer verwaltet die Entscheidungen und gießt sie in wasserdichte Wortform? Brauchen wir überhaupt noch ein Parlament? Wer entwickelt und kontrolliert die Abstimmungen? Und wer kontrolliert die Kontrolleure?

Aber abgesehen von diesen Hürden – die wir ganz sicher nehmen können und werden, wenn wir nur wollen – über kurz oder lang wird sich das aktuelle politische System selbst abschaffen, wenn es nicht mit der Zeit geht, genau, wie so viele vorher im Laufe der Zeiten. Es gibt schon eine ganze Reihe Politiker die das wissen und andere Wege gehen. Nicht zuletzt Barack Obama, der seinen fulminanten Wahlsieg sicher auch einem klug geführten Internet-Wahlkampf verdankt. Auf dem Weg zum freien, selbstbestimmten Menschen führt letztlich kein Weg an mehr politischer Beteiligung und damit persönlicher Verantwortung vorbei. Die technischen Mittel sind jedenfalls vorhanden.